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Eine kleine Reise in den Kanton Thurgau

In dieser Folge bereisen wir meinen Wohn- und Heimatkanton, den Kanton Thurgau. bekannt ist unser Kanton nicht nur für seine Obstkulturen. Er hat auch sehr viel geschichtsträchtiges und kulturelles zu bieten. In dieser Reise geht es um vier Stationen, um so genannte barrierefrei Angebote bzw. vier mögliche Angebote für uns blinde Menschen. Ich durfte letzten Donnerstag diesen Ausflug zusammen mit einer Studierenden der Tourismusfachschule Graubünden unternehmen. Die Dame stammt ebenso aus dem Thurgau. Wir besuchten vier Stationen, nämlich:
Das Naturmuseum in Frauenfeld:

Das Städtchen Steckborn mit einer Stadtführung:

Das See- und Parkhotel Feldbach:

Sowie das Napoleon Museum auf Schloss Arenenberg:

Hier der Beitrag als Audio:

Und nun das Ganze zum Nachlesen:
Als erstes machen wir mal Halt im Naturmuseum in Frauenfeld. Das Museum gibt es bereits seit 160 Jahren. Dort sind nicht nur Ausstellungen über die Obstkultur des Kantons Thurgau zu sehen. Immer wieder werden wechselnde Ausstellungen angeboten. Wir machten einen Hörspielrundgang zur Evolutionstheorie von Charles Darwin.

Das ganze war sehr interessant gestaltet und wurde mit zwei Profisprechern so richtig belebt. Die Sprecher verkörperten die Figuren von Charles Darwin und dessen Enkel, Francis. Der Rundgang beschrieb die Entdeckungen der Tier- und Pflanzenwelt durch Darwin. Vieles, was wir heute wissen, hatte er schon damals vorausgeahnt. Um überhaupt durch die Ausstellung gehen zu können, erhielten wir an der Rezeption zwei Audio Guides. Es sind kleine Geräte mit Kopfhöreranschluss. Normalerweise werden auch Kopfhörer ausgehändigt. Doch Corona bedingt muss jeder Besucher seinen eigenen Kopfhörer mitbringen. Es passen die normalen Kopfhörer mit 3,5 mm Klinke. Der Hörspielrundgang dauerte 45 Minuten, und danach erhielten wir die Möglichkeit, einer Museumspädagogin unsere Rückmeldungen zu äussern. Die Verantwortlichen des Naturmuseums sind sehr bemüht darum, ihre Ausstellungen möglichst barrierefrei zu gestalten.
Für uns blinde BesucherInnen ist einiges im Museumsinneren beschriftet wie z.B. die Treppen Handläufe oder der Lift. Bodenmarkierungen, welche man mit dem Langstock spüren könnte, sind nicht vorhanden. Ebenso sind die Infoschilder an den Ausstellungsvitrinen nicht in Blindenschrift beschriftet, bzw. könnte man auch mit so genannten QR Codes arbeiten. Diese könnten mit dem iPhone gelesen werden, so dass wir den Text per Voiceover hören könnten.
Auch was die Anreise betrifft, gibt es keine Leitlinien von der Bushaltestelle bis zum Museumseingang. Jedoch ist meines Erachtens die Homepage recht gut gestaltet, vielleicht nicht gänzlich barrierefrei, jedoch übersichtlich und gut bedienbar.
Ich kann also einen Besuch ins Naturmuseum nur empfehlen. Und Wenn Sie Anregungen zur Barrierefreiheit haben, stossen Sie bei den Museumsverantwortlichen auf offene Ohren.
Die zweite Station war eine Stadtführung in Steckborn. Wir fuhren mit dem Postauto hin. Reisedauer etwa 30 Minuten. Steckborn liegt am Bodensee, genauer gesagt am Untersee, der von Diesenhofen bis nach Kreuzlingen verläuft. Von Steckborn gibt es bereits Funde aus der Pfahlbauerzeit. Zeitweise gehörte es dem Kloster Reichenau von der Insel Reichenau in Deutschland. Das bedeutete, dass die Bürger damals Lehngaben leisten mussten. Mit der Zeit gelangte Steckborn zu Wohlstand, denn es besass einen Hafen, wo viel Ware und Güter umgeschlagen wurden. Vom damaligen Reichtum bezeugen die Altstadthäuser. Zwei herausragende Bauten möchte ich hervorheben, als erstes den Turmhof. Im unteren Stockwerk ist das Stadtmuseum beheimatet. Dieses bietet Museums- sowie Altstadtführungen an. Im oberen Geschoss ist ein wunderbarer Saal vorhanden, der aber nicht öffentlich zugänglich ist.
Das zweite markante Gebäude ist der Pulverturm. Er ist nur ein Aussichtsturm, aber mit etwa 40 Metern Höhe bildete er lange das Wahrzeichen von Steckborn. Man konnte sich also damit profilieren und den Leuten mitteilen: «Wir sind auch wer.»
An diesem Nachmittag durften wir einer so genannten blindengerechten Stadtführung beiwohnen. Das heisst, es war die erste Stadtführung in dieser Art, die angeboten wurde. Unsere Stadtführerin hatte es mächtig drauf und ein grosses Wissen über Steckborn und deren Stadtgeschichte. Klar gibt es auch hier Verbesserungspunkte. Aber ich denke mit einigen kleinen Verbesserungen kann einiges erreicht werden. Jedenfalls hatte unsere Stadtführerin beinahe ein schlechtes Gewissen, dass sie mir wenig zum Tasten oder anfassen geben konnte. Es braucht meiner Meinung nach nicht viel. Nebst Wandfassaden oder ein paar Gegenständen aus dem Museum gibt es z.B. auch ein grosser Wandteppich in der Katholischen Kirche zu bewundern, der von vielen Steckborner Frauen hergestellt wurde. Aber ansonsten war die Führung wirklich sehr interessant und spannend.
Die Stadtführungen können über die Homepage des Kirchhofturms gebucht werden:

Die Homepage ist ebenso bedienerfreundlich und übersichtlich gestaltet.
Nach der Stadtführung ging’s weiter zu Fuss zur nächsten Station, zum See- und Parkhotel Feldbach. Das Hotel Feldbach gehört zu Steckborn und beherbergt ein 3-Sterne Seminarhotel.
Die Geschichte dieses Anwesens reicht bis ins 13. Jahrhundert zurück. Früher stand nämlich ein Kloster für Ordensschwestern. Im ehemaligen Klostergebäude ist heute das Restaurant mit den Seminarräumen untergebracht. Und dort wo einst die Klosterkirche stand, befindet sich das Hotel. Dieses ist relativ einfach gegliedert. Neben der Rezeption im Parterre befindet sich der erste Zimmertrakt. Fortgesetzt wird dieser im ersten Stock. Die Zimmer sind alle genau gleich und standardmässig eingerichtet. Als Orientierungshilfe fürs ganze Hotelgebäude bietet die verschiedenen Materialien der Fussböden. Während jener an der Rezeption mit rauhen Bodenplatten ausgelegt ist, ist jener im Zimmertrakt mit anderen Materialien versehen.
Wichtig zu wissen. Wenn man ins Restaurant zum Essen gehen will, muss man den Hoteltrakt verlassen. Über einen parkähnlichen Weg gelangt man schliesslich ins Restaurant. Das Essenskonzept wird täglich mit einem Buffet umgesetzt. Dies ist nicht gerade von Vorteil für uns blinde Gäste. Es ist aber immer jemand von den Servicemitarbeitenden vor Ort und bietet seine Hilfe an.
Für die letzte Station ging’s Rauf auf den Arenenberg zum Napoleon Museum. Von Steckborn aus fährt man per Zug zwei Stationen bis zur Haltestelle Mannenbach-Salenstein. Von dort sind es noch etwa 10 Minuten zu Fuss, bis man den Arenenberg erreicht. Es gibt zwei Möglichkeiten, zum Ort zu gelangen. Zum einen kann man der geteerten Strasse folgen. Diese ist nicht so steil. Hingegen wenn man den Fussweg, der in den Hang hineingebaut ist, unter die Füsse nimmt, leistet man doch einen wertvollen Beitrag für seine eigene Fitness. Der Arenenberg ist sehr bekannt nicht nur wegen des Schlosses, wo auch das Napoleon Museum beheimatet ist. Ebenso zeichnet er sich aus durch die landwirtschaftliche Schule und durch den Weinbau. Es gibt ebenfalls noch ein Hotel und das Bistro Louis Napoleon. Das Schloss, wie es heute steht, wurde sehr stark geprägt durch Königin Hortensie Eugenie, die Mutter von Napoleon III. 1816 ist sie auf den Arenenberg gekommen, nachdem Napoleon Bonaparte 1815 die Schlacht in Waterloo verloren hatte und schliesslich auf St. Helena verbannt wurde. Königin Hortensie baute bis zu ihrem Tod 1837 das Schloss merklich aus. Es galt damals als das modernste Schloss seiner Zeit, mit eigener Toilette und einer speziellen Meldeanlage, welche über verschiedene Glockenzüge funktioniert. Die Ausstellung ist als Schlossrundgang angelegt und zeigt in den einzelnen Räumen die Geschichte von der Entstehung bis zu den einzelnen Umbauten und Erweiterungen auf. Jeder Raum ist mit einer Infotafel versehen. Leider gibt es keine Beschreibung in Blindenschrift. Als Alternative könnte man vielleicht ebenso mit QR Codes fürs iPhone, wie beim Naturmuseum beschrieben, entsprechend arbeiten.
Normalerweise werden Führungen durch die gesamte Ausstellung angeboten. Corona bedingt ist dies leider nicht möglich. Das bedeutet, dass man als blinder Besucher stark eingeschränkt ist. Zudem darf nichts angefasst werden.
Bei unserem Besuch nahm sich die Museumskuratorin trotzdem etwas Zeit für uns, so dass wir ihr gegenüber unser Feedback zur Ausstellung geben konnten. Trotz allem bin ich der Überzeugung, dass die Museumsverantwortlichen um die Barrierefreiheit wohl bemüht sind. Die Homepage des Museums ist schon mal gut bedienbar und für uns zugänglich. Ich bin gespannt, welche Empfehlungen meiner Mitbegleiterin in Zukunft umgesetzt werden können.
Mein Gesamtfazit: Barrierefreie Angebote lassen sich auch in unserem Kanton durchaus umsetzen. Dieses Engagement ist auch bei Thurgau Tourismus zu spüren. Ein wichtiger Faktor fehlt meines Erachtens, nämlich eine barrierefrei zugängliche Website. Dieser Grundsatz sehe ich bei Thurgau Tourismus leider nicht erfüllt. Man muss schon im Internet sehr versiert sein, um sich auf der Homepage zurechtfinden zu können. Es ist mir durchaus bewusst, dass Urlauber auf Bilder und Animationen grossen Wert legen. Nun, auch hier bin ich auf Empfehlungen meiner Mitbegleiterin schon sehr gespannt. Ich denke, es bräuchte eine Kompromisslösung, so dass wir alle als Besucher des Kantons Thurgau darauf zurückgreifen können.
Trotzdem, ich fuhr glücklich nach Hause und konnte so manch neues wieder dazulernen. Ich kann Ihnen nur empfehlen, tuen Sie es auch und machen Sie mal einen Abstecher in unseren Kanton. Mich würde es auf jeden Fall sehr freuen.

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